
Am 1. September 2015 gründete Barbara Tudor die Dialogagentur TUDOR DIALOG in Gossau ZH. Zehn Jahre später hat sich das Unternehmen zu einem relevanten Kommunikations- und Medienunternehmen entwickelt. Im Interview wirft die Gründerin einen Blick zurück auf die letzten zehn Jahre und wagt einen Ausblick in die Zukunft.
von Isabella Schütz
Barbara, du hast vor zehn Jahren dein eigenes Unternehmen gegründet. Wie kam’s dazu?
Barbara Tudor: Nach Jahren in Führungspositionen in der Marketing- und Medienwelt stand ich an einem beruflichen Scheideweg: Was will ich machen? Bleibe ich im sicheren Hafen oder wage ich Neues? Eine Berufskollegin sagte zu mir: «Mach dich doch selbstständig! Du hast das Zeug dazu.» Der Gedanke wuchs in mir. Als eine Freundin zu mir sagte: «Wenn du dich selbstständig machst, bin ich deine erste Kundin», entschied ich mich. Die Freundin ist bis heute unsere Kundin, mit der Kundennummer 1. Mittlerweile dürfen wir über 300 Kunden zählen.
Wie bist du gestartet?
Bei uns zuhause. Ich brauchte nicht mehr als mein Firmenkonzept, ein Pult, einen PC und meine Kreativität.
«Mein Herz schlägt für KMU.
Ich habe TUDOR DIALOG gegründet,
um ihnen professionelle Marketing- und
Kommunikationsleistungen zu bieten.»
Barbara Tudor
Was bietet TUDOR DIALOG?
Mein Herz schlägt für KMU. Ich habe TUDOR DIALOG gegründet, um ihnen, vor allem kleineren Betrieben, professionelle Marketing- und Kommunikationsleistungen zu bieten. Denn sie haben oft keine Zeit, sich neben ihrem Tagesgeschäft noch um Website, Social Media und Werbung zu kümmern. Doch auch vom kleinsten Betrieb erwartet man heute einen professionellen Auftritt.
Welche Dienstleistungen sind besonders gefragt?
Die Kommunikation wird für Firmen immer anspruchsvoller, die Anforderungen sind markant gestiegen. Früher gewann man mit einem einzigen Inserat oder einer Werbepost Neukunden. Heute braucht es verschiedene Kontaktpunkte und dies auf verschiedenen Kanälen, um den gleichen Effekt zu erzielen. Gerade auch die Medienarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation geworden. Heute beraten und begleiten wir diverse Kunden in diesen Bereichen.
Was noch?
Gewandelt haben sich auch die Bedürfnisse im Bereich Web und Social Media. Vor zehn Jahren waren es vor allem die Konzeption und Schaffung von Websites bzw. die Lancierung von sozialen Kanälen. Heute, wo jedes Unternehmen über einen Online-Auftritt und die meisten auch über soziale Medien verfügen, geht es vor allem um Aktualisierungen und um Weiterentwicklungen der bestehenden Kanäle.
Worum genau?
Viele haben heute einen soliden Basisauftritt, der rein technisch weitgehend den Anforderungen entspricht. Aber es gibt nach wie vor viele Webauftritte, die bezüglich Suchmaschinenmarketing Luft nach oben haben. Oder solche, die ganz einfach inhaltlich in die Jahre gekommen sind, weil sich niemand darum kümmerte. Oft fehlen auch die so wichtigen Interaktionsmöglichkeiten.
Was tut ihr für diese Kunden?
Wir begleiten Kunden heute vor allem im Rahmen eines befristeten Projektauftrags bei der Überarbeitung ihres Web-Auftritts, zum Beispiel was moderne und webgerechte Texte anbelangt, geben Empfehlungen und Impulse zur Optimierung. Auf Wunsch betreuen wir die Website auch gleich im laufenden Betrieb, schreiben Blog-Beiträge gemäss Planung oder kurzfristig, schalten Stellen auf, laden neue Projektbilder hoch usw. Auch betreuen wir für diverse Kunden die sozialen Kanäle und sorgen so für regelmässige Beiträge.
Was ist der Vorteil?
Gerade kleinere KMU haben keine Zeit, sich neben ihrem Tagesgeschäft noch um die eigene Homepage und die sozialen Medien zu kümmern. Meistens lohnt es sich für sie nicht, extra jemanden dafür einzustellen. Zu hoch wären die monatlichen Fixkosten und zu unsicher die Auslastung für die Stelle. Bei uns beziehen sie genau die Leistung, die sie gerade benötigen.
Bietet ihr auch Web-Design an?
Wir sind keine Web-Agentur und wollen es auch nicht sein. Unsere Kernkompetenz liegt im Bereich Konzeption und Content. Wir erarbeiten mit dem Kunden ein auf seine Zielgruppen und Ziele passendes Webkonzept und erstellen dann meist auch gleich die Inhalte in Wort und Bild.
Natürlich bauen wir auch Websites im Baukastensystem wie z. B. von Jimdo oder Hostpoint – da haben wir viel Erfahrung. Aber wünscht ein Kunde etwas Massgeschneidertes oder hat etwas ganz Bestimmtes im Kopf mit diversen Features, die Programmierungen nötig machen, arbeiten wir mit Partnern zusammen, die auf diesem Gebiet Profis sind.
Das gleiche gilt übrigens für das Thema Suchmaschinen- und Social-Media-Werbung. Es macht keinen Sinn, da auch noch mitzumischen. Lieber arbeiten wir in dem Bereich mit vertrauensvollen zertifizierten Partnern aus der Region zusammen, welche die Parameter von Google etc. kennen und sie auch anzuwenden wissen. Eine Google- oder Facebook-Werbekampagne ist schnell angelegt, aber die richtigen Parameter dahinter zu setzen und die Kosten im Auge zu haben, ist etwas anderes. Gerade Google-Werbung scheint verhältnismässig günstig, kann aber schnell teuer werden, wenn man es nicht richtig macht.
«Wenn du mir vor zehn Jahren
gesagt hättest, dass ich mal
Verlegerin von Print- und Online-Medien
sein werde, hätte ich abgewunken.
Aber manchmal kommt es anders,
als man plant.»
Barbara Tudor
Heute bist du auch Verlegerin von mehreren Lokalzeitungen und drei Online-Newsportalen. Du hast dir damit im Zürcher Oberland ein relevantes Mediennetzwerk aufgebaut. Wie kam es dazu?
Wenn du mir vor zehn Jahren gesagt hättest, dass ich mal eigenständige Verlegerin von Print- und Online-Medien sein werde, hätte ich lachend abgewunken. Aber manchmal kommt es anders, als man plant (lacht).
Mein Mann und ich sind im Jahr 2012 mit unserer Tochter vom Zürichsee nach Gossau gezogen. Ich bin zwar in Grüningen aufgewachsen und kannte das Zürcher Oberland. Aber mir fehlte als Neuzuzüger-Familie eine Plattform, wo man sich über das Leben im Dorf informieren konnte. Ich fing an, über die Aktivitäten in der Gemeinde zu recherchieren und stiess dabei auf tolle Themen, die auch für andere interessant sein könnten. So startete ich mit der Facebook-Seite «Buntes Gossau» und informierte über das, was gerade läuft.
Aber dabei blieb es nicht.
Nein. Die Seite gewann schnell Follower. Ich fand: Es braucht eine Homepage. So entstand die Website bunts.ch. Auf meine Arbeit mit bunts.ch wurden auch Bewohner von Grüningen aufmerksam. Sie fragten mich, ob ich nicht auch über Grüningen berichten könnte. So entstand die Facebook-Seite "Buntes Grüningen" und die Inhalte auf bunts.ch wuchsen weiter.
Wie kam es zur Gossauer Post?
Durch bunts.ch und die Berichterstattung über Gossau fand ich: Eine Zeitung wäre cool. Ich startete eine Umfrage beim Gewerbe und bei den Vereinen. Das Echo fiel positiv aus und so lancierte ich im Mai 2019 die «Bunts’ Post», die heutige Gossauer Post. bunts.ch und die Gossauer Post waren sozusagen mein Beitrag als Bewohnerin von Gossau für einen gelungenen Austausch im Dorf.
Dann kamen Grüninger Post und Ährenpost dazu sowie zuletzt die Wetziker Post. Wieso?
Ich hatte keinerlei Ambitionen, das Printmedien-Angebot auszubauen. Die Gossauer Post produzierte und druckte ich damals bei der FO-Fotorotar AG in Egg. Zur FO gehörte auch die IEB Medien AG – ein Verlag mit verschiedenen lokalen Printtiteln. Sie kamen 2021 auf mich zu und fragten, ob ich ihre Titel übernehmen möchte. Sie wollten das Verlagsgeschäft abstossen. Weil ich in Grüningen aufgewachsen bin und die Grüninger Post seit Kindstagen kannte, wollte ich sie nicht sterben lassen. Bei der Ährenpost zögerte ich, bei anderen sagte ich direkt ab.
Warum hast du bei der Ährenpost gezögert?
Weil ich damals keinerlei Bezug zur Gemeinde Hombrechtikon hatte und sich die Gemeinde zudem in einem anderen Bezirk befindet. Doch mit dem Eintritt meiner Mitarbeiterin Gabriela Gasser, die in Hombrechtikon wohnt, änderte sich die Ausgangslage. Ich wollte die beiden beliebten Lokaltitel retten, und sie passten zur Gossauer Post. Mehr aber auch nicht.
Und warum noch die Wetziker Post?
Die Stadt Wetzikon schrieb im Frühjahr 2023 ein Stadtmagazin öffentlich aus. Da dachte ich mir: Jetzt oder nie. Im Juni 2023 entschied ich mich, eine unabhängige Zeitung für Wetzikon herauszugeben, im Oktober 2023 ist die erste Ausgabe erschienen. Was mich ganz besonders freut: Die Wetziker Post wird in Wetzikon produziert und gedruckt, bei der DT Druck-Team AG. Ein echtes Privileg, wenn man sieht, wie in der Schweiz eine Druckerei nach der anderen zugeht, leider.
Seit 2021 bist du auch Herausgeberin von Zürioberland24, seit letztem Jahr von Uster24 und Pfäffikon24.
Richtig. Der Verleger Bruno Hug aus Rapperswil wurde auf meine Arbeit mit bunts.ch aufmerksam. Bruno Hug ist der Gründer von Portal24 AG, einem Portalverbund, dem sich eigenständige Verleger anschliessen können. Er fragte mich, ob ich in dem Verbund das Zürcher Oberland abdecken möchte. Das Konzept ist genial, und so entschied ich mich dazu. Im Mai 2021 ging bunts.ch in Zürioberland24 auf und wir bauten die Berichterstattung auf den ganzen Bezirk Hinwil aus. 2024 kamen Uster24 und Pfäffikon24 hinzu, um die Berichterstattung im Zürcher Oberland zu komplettieren. Die drei Portale zusammen zählen heute über 1,4 Millionen Seitenaufrufe pro Jahr. Das freut mich enorm.
«Manchmal glaube ich selbst nicht,
was wir zu viert alles schaffen:
Eine Agentur, vier Lokalzeitungen,
drei Onlineportale.»
Barbara Tudor
2020 hast du die erste Mitarbeiterin eingestellt, heute seid ihr zu viert.
Manchmal kann ich selbst nicht glauben, was wir mit nur rund 300 Stellenprozent alles meistern. Ich habe das grosse Glück, drei wunderbare, engagierte Frauen an meiner Seite zu haben, die für das brennen, was wir tun. Dazu die freie Journalistin Martina Gradmann, die sich um die Grüninger Post kümmert und bei Zürioberland24 mitschreibt. Ich bin unglaublich stolz auf alle und dankbar, was wir gemeinsam erreicht haben.
«Printmedien sind im Vergleich zu
Onlinemedien schwerfällig und sehr
teuer in der Produktion.
Für Nachrichten bezahlen wollen
aber nur die wenigsten.
Das geht auf lange Sicht nicht auf.»
Barbara Tudor
Ihr seid Marketing-Agentur und ein Verlag. Wie bringt ihr das unter einen Hut?
Auf den ersten Blick sind das sehr unterschiedliche Bereiche. Aber es gibt eben gerade auch viele spannende Parallelen: Werbung und Medienarbeit gehen Hand in Hand und sind für KMU zunehmend wichtig. Hier können wir unsere Kunden umfassend beraten, begleiten und entlasten. Sei das mit der Gestaltung von Inseraten oder Onlineformaten, das Texten von Medienmitteilungen, Fachbeiträgen, Werbetexten oder Blogbeiträgen.
Je länger je mehr gefragt ist auch die Beratung im Bereich Mediaplanung. Unsere Kunden schätzen es sehr, dass sie über uns und über eine Ansprechperson nicht nur Werbung in unsere Medien, sondern in alle Medien der Schweiz buchen können und wir uns dabei auch gleich um die Datenaufbereitung und Dispo bei den Verlagen kümmern.
«Printmedien geniessen nach wie vor
hohes Vertrauen in der Bevölkerung,
weshalb sie auch für Inserenten ein
attraktives Umfeld für ihre Werbung sind.»
Barbara Tudor
Print oder Online – Was ist besser?
Keines der beiden ist besser oder schlechter! Jede Gattung hat ihre Vor- und Nachteile. Printmedien sind unglaublich aufwändig und teuer in der Herstellung und gegenüber Online schwerfällig mit den langen Vorlaufzeiten, zum Beispiel was den Redaktions- und Buchungsschluss angeht. Es gibt aber auch nichts Schöneres, als etwas Gedrucktes in Händen zu halten, darin zu blättern, daran zu riechen. Printmedien geniessen nach wie vor hohes Vertrauen in der Bevölkerung, weshalb es auch für Inserenten ein attraktives Umfeld für ihre Werbung ist.
An Online-News und -Werbung schätze ich die grosse Flexibilität und die Schnelligkeit. Das wird in unserer schnelllebigen Zeit immer wichtiger. Während Onlinewerbung früher noch fremd war, nutzen immer mehr Firmen und Gewerbetreibende diese Möglichkeit. Darum plädieren wir immer für eine gute Mischung aus Print und Online in den Mediaplänen – und für einen guten Mix aus klassischen Inseraten und anderen Werbeformen.
Haben Printmedien Zukunft?
Eine sehr gute Frage. Lokalzeitungen werden sehr geschätzt, weil sie den Menschen Orientierung geben über das, was direkt vor der Haustür passiert. Gerade das Gewerbe ist froh, dass es noch Lokalmedien gibt, wo sie ihre Werbung zahlbar platzieren können. Und auch die gesellschaftlich so wichtige Vereinsarbeit findet ausschliesslich in Lokalmedien Platz. Doch Printmedien sind im Vergleich zu Onlinemedien schwerfällig – und mit Vorstufe, Druck und Verteilkosten sehr teuer. Für Nachrichten bezahlen wollen aber nur noch die wenigsten. Das geht auf lange Sicht nicht auf.
Warum machst du es trotzdem?
Weil es wichtig ist für die Menschen, für das Gewerbe, für die Vereine und auch für die Behörden. Denn wer, wenn nicht die Lokalmedien, berichtet über sie? KI, Google und die grossen Tageszeitungen tun es sicher nicht… Solange wir Freude daran haben und die Zeitungen finanzieren können – die Gratiszeitungen müssen zu 100 Prozent über Werbung finanziert werden –, machen wir es.
20 Minuten gibt ihre Printausgabe auf, diverse gedruckte Lokalmedien sind in den vergangenen Jahren eingegangen. Wo siehst du die Berichterstattung über das Lokale und Regionale in zehn Jahren?
Ich kann einiges, aber nicht die Zukunft lesen (lacht). Nein im Ernst: Ich gehe davon aus, dass es in zehn Jahren noch weniger gedruckte Medien geben wird und sich die Berichterstattung stärker ins Internet verschieben wird. Die grosse Frage wird aber auch dort die Finanzierung sein. Denn News sind leider zur kostenlosen Billigware verkommen. Kaum ein Leser macht sich Gedanken darüber, wer die Nachrichten für sie aufbereitet und lesegerecht publiziert. Das sind im Moment immer noch Menschen. Das könnte in zehn Jahren aber ganz anders aussehen, wenn man die Entwicklungen bei KI anschaut.
«Viele singen ein Loblied auf KI.
Ich sehe das etwas kritischer.
Wir texten für unsere Kunden
aus Überzeugung ohne KI.»
Barbara Tudor
Was hältst du von KI?
Es ist ein riesen Hype, viele singen ein Loblied auf KI. Natürlich hat KI etliche Vorteile und auch wir loten aus, was davon sinnvoll für unsere Arbeit ist – und nützlich für unsere Kunden. Auch wir verwenden KI, zum Beispiel in der Redaktion zum Kürzen von Medienmitteilungen oder zu lang gewordenen Eingesandten. Aber: Wir texten im Auftrag unserer Kunden aus Überzeugung ohne KI.
Wieso?
Auf den ersten Blick wirken KI-generierte Texte super. Meistens strotzen sie aber nur so vor Superlativen, die vom Leser sofort durchschaut werden. Es fehlt den Texten zudem nicht selten der rote Faden und vor allem die so wichtige Identifikation mit dem Unternehmen, mit seiner ganz eigenen Kultur, mit seiner Sprache.
Auch in Bezug auf die Wissens- und Nachrichtenvermittlung bin ich äusserst kritisch. Im Internet, der Quelle von KI, tummeln sich bekanntermassen ganz viele Unwahrheiten und Falsch- bzw. Fehlinformationen. Je schlechter die Informationen im Web aufbereitet werden, desto schlechter wird auch KI. Eine gefährliche Negativspirale. KI ist immer nur so gut, wie es "gefüttert" wird. Auch gibt es etliche ungelöste Fragen rund um das Thema Rechte an Texten oder Bildern.
Es braucht darum immer auch Menschen, die eine Information prüfen, einschätzen, hinterfragen – gerade bei der Medienarbeit und erst recht in der Lokalberichterstattung. Es ist wie beim Navi im Auto: Das Tool ist super und hilft bei der Orientierung, aber es braucht immer noch den wachsamen Lenker am Steuer. Zum Beispiel dann, wenn einen das Navi in eine Einbahnstrasse lenken will...
Welche Pläne hast du für die Zukunft?
Offen für Neues, optimistisch und bescheiden bleiben. Das Unternehmen gesund halten. Unseren Kunden gute Dienste leisten.